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Pfandbrief

Nach dem Brexit: Neues Vertragsmodell sichert die Hypotheken-Pfandbrieffinanzierung im Vereinigten Königreich

Andreas Luckow

Andreas Luckow

Verband deutscher Pfandbriefbanken

Seitdem in einem Referendum 2016 eine Mehrheit der Abstimmenden im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nord-Irland sich für den Austritt aus der EU aussprach, hatte der vdp die Frage zu klären, was dies für die Hypothekendeckungswerte und für die Zukunft der Immobilienfinanzierung der Pfandbriefbanken dort bedeuten würde. Als erstes konnte erreicht werden, dass der deutsche Gesetzgeber den drohenden Brexit, dessen Termin damals noch nicht feststand, bereits im Februar 2019 im PfandBG berücksichtigte: Das Vereinigte Königreich wurde in § 13 Abs. 1 Satz 2 des PfandBG unter die Liste der Drittstaaten außerhalb der EU aufgenommen, in denen Hypothekendeckungswerte liegen dürfen.

Gegenüber Hypothekendeckungswerten in der EU bestehen aber Nachteile: Die Hypothekendeckungswerte in Drittstaaten, bei denen nicht sichergestellt ist, dass für sie das Insolvenzvorrecht der Pfandbriefgläubiger besteht, dürfen nicht mehr als 10 % der Deckungswerte ausmachen, bei denen das sichergestellt ist. Diese Grenze gilt für alle Drittstaaten insgesamt.

Für das Vereinigte Königreich hat der Gesetzgeber im Februar 2019 eine Übergangsregelung in § 49 Abs. 4 PfandBG geschaffen: Bis zum Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU werden alle in das Deckungsregister eingetragenen Deckungswerte von der 10 %-Grenze nicht erfasst. Die Regelung reichte aber natürlich nicht aus. Denn die Pfandbriefbanken wollen ihr Geschäft im Vereinigten Königreich auch nach erfolgtem Brexit am 31. Dezember 2020 fortsetzen. Außerdem möchten Rating-Agenturen zum Teil über die gesetzlichen Regelungen hinaus eine Absicherung des Insolvenzvorrechtes der Pfandbriefgläubiger sehen.

Hierfür hat der vdp seit dem Ende der 90er Jahre Strukturen entwickelt. Wenn die Absicherung des Insolvenzvorrechtes der Pfandbriefgläubiger in einem Drittstaat nicht gesetzlich erfolgt ist, muss es durch die vertragliche Einräumung von Rechten zu Gunsten der Pfandbriefgläubiger in dem Drittstaat entsprechend dem dortigen Recht geschehen. Sie erhalten eine rechtsgeschäftliche Sicherheit, die Rechte gibt, mit denen gegen Separatinsolvenzverfahren und Pfändungen in dieser Rechtsordnung vorgegangen werden kann.

Allerdings ist der Pfandbrief ein Inhaber- oder Namenspapier, dessen Inhaber wechseln und nicht bekannt sind. Daher muss diese Sicherheit zu Gunsten eines Dritten bestellt werden, der sie fiduziarisch für die Pfandbriefgläubiger hält. Im Ernstfall, wenn es wirklich zu einer Insolvenz der Pfandbriefbank in Deutschland käme, gäbe es dann auch eine Person, die für die Interessen der Pfandbriefgläubiger handeln würde: den vom Gericht auf Vorschlag der BaFin eingesetzten Sachwalter. Der Dritte kann dann den Weisungen des Sachwalters folgen und die Interessen der Pfandbriefgläubiger und ihr Vorrecht durchsetzen.

Solche vertraglichen Strukturen hat der vdp für die wichtigsten vom Pfandbriefgesetz für die Deckung von Hypothekenpfandbriefen zugelassenen Drittstaaten entwickelt. Sie bestehen für die Schweiz, die USA, Kanada (Ontario) und selbst Japan.

Seit September 2018 arbeitete der vdp an einer neuen vertraglichen Struktur für das Vereinigte Königreich zur Sicherstellung des Insolvenzvorrechtes der Pfandbriefgläubiger. Dabei war es von Anfang an das Ziel, an den Hypothekendeckungswerten die stärkste Form der Sicherheit in England zu Gunsten der Pfandbriefgläubiger zu bestellen: Die sogenannte fixed charge, die an fest definierten Gegenständen bestellt wird und den Rang zum Zeitpunkt ihrer Bestellung verteidigt. Angesichts dessen, dass der Inhaber der fixed charge gemäß englischer Rechtsprechung auch control über diesen Wert haben muss, war eine Regelung zu finden, deren Anerkennung durch Gerichte gesichert ist und die gleichzeitig das Geschäft der Pfandbriefbanken nicht unangemessen behindert.

Die control über ein Hypothekendarlehen zeigt sich in der Regel eigentlich nur in der Kontrolle über die Zahlungseingänge, die proceeds. Es ist daher erforderlich, dass ein besonderes Konto geschaffen wird, auf das diese Zahlungseingänge laufen und das der Inhaber der fixed charge kontrolliert. Daher wurde folgende Struktur gefunden:

Die Pfandbriefbank vereinbart mit einem security trustee eine fixed charge. Hierfür wurde ein umfangreiches Muster einer solchen Vereinbarung, eine deed of charge, entworfen. Diese wurde mit den möglichen security trustees abgestimmt; dies sind auf Treuhandgeschäfte spezialisierte Finanzinstitute, mit denen die Vereinbarungen im Einzelnen abgestimmt wurden. Es wird ein Konto eröffnet, auf das sich die fixed charge ebenfalls erstreckt. Ein solches Konto (ST account) kann bei zwei Banken geführt werden, mit denen entsprechende Vereinbarungen ausgehandelt wurden. Das Konto wird auf den Namen der Pfandbriefbank geführt, aber besonders bezeichnet.

Die Pfandbriefbank benennt dann auf einem besonderen Formular immer wieder einzeln die Hypothekendarlehen, die von der fixed charge erfasst werden. Sie sorgt dafür, dass die regelmäßigen Zahlungen über das genannte Konto laufen. Dies wird bei Darlehen der Pfandbriefbank allein für einen einzelnen Kunden dadurch geschehen, dass der Kunde zur Zahlung auf das ST account angewiesen wird. Auf diesem Konto müssen die Gelder mindestens 15 Tage verbleiben, damit es für die control durch die Pfandbriefbank ausreicht. Dann muss die Pfandbriefbank den security trustee anweisen, die Gelder auf eines ihrer ‘normalen’ Konten weiterzuleiten. Das wird regelmäßig geschehen, kann aber nicht so automatisiert werden, dass im Einzelfall der security trustee nicht mehr involviert ist, denn das könnte später von einem Gericht als Aufgabe der control gesehen werden.

Der security trustee nimmt die fixed charge für die Pfandbriefgläubiger wahr und würde nach Ernennung eines Sachwalters der Deckungsmasse in Deutschland nach dessen Weisungen die Deckungswerte im Vereinigten Königreich durch Geltendmachung der fixed charge schützen.

Der recht formalistische Prozess, der u.a. beinhaltet, dass Pfandbriefbanken erst zwei Wochen nach Eingang der Gelder auf ihrem Konto darüber verfügen können, konnte wesentlich vermindert werden, weil festgestellt wurde, dass die jeweils letzte Zahlung auf eine Darlehensforderung nicht der 15-Tage-Frist unterliegt und direkt auf ein anderes Konto der Pfandbriefbank gebucht werden kann. Denn mit der Schlusszahlung ist ja die Forderung erloschen und damit die Belastung durch die fixed charge beendet. Bei den in Großbritannien vorherrschenden bullet-Strukturen ist damit der größte Teil der Tilgungen aus der Liquiditätsbelastung durch die 15-Tage-Frist ausgenommen.

Überdies beinhaltet die Regelung auch eine Lösung für Konsortialfinanzierungen von Immobilien in England. Damit liegt ein rechtlich überprüftes Vertragswerk vor, das sicherstellt, dass Pfandbriefbanken ihre Aktivitäten in England nahtlos weiterführen können. Auch für die beiden vom englischen Recht abweichenden Rechtsordnungen im Vereinigten Königreich, das Recht Schottlands und Nord-Irlands, konnte durch Gutachten bestätigt werden, dass diese Lösung bei Verträgen englischen Rechts auch dort Wirkung entfaltet. Die ersten Mitgliedsbanken setzen diese trustee-Lösung für England nun um.

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