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Emission von digitalen Anleihen auf Basis der Blockchain-Technologie – der nächste Meilenstein in der Entwicklung des Pfandbriefs.

Seit der Geburtsstunde des Pfandbriefs vor rund 255 Jahren hat sich die Welt technologisch in großen Schritten weiterentwickelt. Statt in Pferdekutschen kann man heutzutage an streikfreien Tagen entspannt und schnell mit der Bahn an sein Ziel reisen und aktuelle Mobiltelefone haben eine größere Rechenleistung als die, die 1969 insgesamt zur Mondlandung zur Verfügung stand. Eines ist jedoch seit Jahrhunderten gleich: Für die Emission von Pfandbriefen wird eine physische Urkunde mit eigenhändiger Bestätigung des Treuhänders über die ordnungsmäßige Deckung ausgefertigt. Der Gläubiger muss diese zwar Dank der Einführung der Girosammelverwahrung und Globalurkunden im Jahr 1972 nicht mehr zu Hause aufbewahren, doch der rechtliche Charakter der Urkunde existiert weiterhin. Dies könnte sich nun Dank Blockchain-Technologie und angepasster rechtlicher Rahmenbedingungen ändern. Die Blockchain-Technologie bietet vielfältige Einsatzmöglichkeiten und hat das Potenzial, globale Wertschöpfungsketten grundlegend zu transformieren – so auch in der Finanzbranche. Das hat auch die Bundesregierung erkannt und mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über elektronische Wertpapiere (eWpG) im Juni 2021 einen zentralen Baustein ihrer Blockchainstrategie umgesetzt und so die rechtlichen Voraussetzungen für die Emission von digitalen Wertpapieren in Deutschland geschaffen.
In manchen Ländern sind Emissionen von digitalen Wertpapieren schon länger möglich. So hat die Weltbank im Jahr 2018 erstmals in Australien eine Anleihe vollständig über eine Blockchain emittiert. Seitdem wurden international wie auch national mehr als 100 Anleiheemissionen auf Blockchainlösungen durchgeführt. Ein Pfandbrief war bisher jedoch noch nicht darunter. Und das, obwohl die Einbindung der Technologie in den Emissionsprozess vielsprechende Vorteile bietet. Zu nennen sind hier insbesondere die vollständig digitale und damit urkundenlose Durchführung des Emissionsprozesses sowie eine taggleiche Abwicklung des Geschäfts (delivery vs payment). Dadurch können sowohl in der Abwicklung als auch bei der Refinanzierung Kostenvorteile generiert werden.
Aufgrund der hohen Effizienz und Sicherheit ist davon auszugehen, dass die Blockchain-Technologie mittelfristig weltweit Einzug in die Abwicklung von Anleiheemissionen und deren gesamten Lebenszyklus erhalten wird. Dieser Artikel bietet einen allgemeinen Überblick über die Thematik und zeigt auf, welche Schritte zur Umsetzung bei Pfandbriefemittenten notwendig sind. Da die bestehenden inhouse-Prozesse weitgehend identisch bleiben, erscheint der tatsächliche Implementierungsaufwand relativ gering.

Gesetzliche Rahmenbedingungen in Deutschland

Mit dem eWpG hat der deutsche Gesetzgeber im Juni 2021 die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Emission von digitalen Wertpapieren geschaffen. Dieses gilt speziell für Inhaberschuldverschreibungen (Namenspapiere konnten auf Basis des BGBs bereits zuvor als digitale Wertpapiere emittiert werden, da die Urkundenpflicht nur für Inhaberschuldverschreibungen galt) und Aktien. Zentraler Punkt des Gesetzes ist die Dematerialisierung des Wertpapierrechts. So wird Emittenten eine Wahlmöglichkeit eingeräumt, Wertpapiere entweder wie bisher mittels physischer Urkunde oder aber auf digitalem Wege zu emittieren. Das Gesetz ist grundsätzlich technologieoffen ausgestaltet. Entscheidend ist, dass digitale bzw. elektronische Wertpapiere begeben werden, indem der Emittent anstelle der Ausstellung einer Urkunde die Eintragung in ein elektronisches Wertpapierregister bewirkt. Als elektronisches Wertpapierregister können entweder zentrale Register bei Wertpapiersammelstellen bzw. -verwahrern oder ein Kryptowertpapierregister dienen.[1] Letzteres muss gemäß § 16 Abs. 1 eWpG auf „einem fälschungssicheren Aufzeichnungssystem geführt werden, in dem Daten in der Zeitfolge protokolliert und gegen unbefugte Löschung sowie nachträgliche Veränderung geschützt gespeichert werden.“ Wer ein solches Register betreibt, benötigt eine Lizenz für die Kryptowertpapierregisterführung, welche von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vergeben wird. Für die Verwahrung und Verwaltung von Krypto-Werten (sogenannte Tokens) für Dritte ist darüber hinaus eine Kryptoverwahrlizenz erforderlich. Seit Inkrafttreten der Regelung im Januar 2020 haben bereits mehrere große Kreditinstitute in Deutschland diese Lizenzen beantragt und erhalten.
Bei der Emission von Pfandbriefen nimmt außerdem der Treuhänder eine wichtige Rolle ein. Im Rahmen der Treuhänderbestätigung bescheinigt er, dass die vorschriftsmäßige Deckung vorhanden ist und die Deckungswerte in das entsprechende Deckungsregister eingetragen sind. Um die Emission von digitalen Pfandbriefen zu ermöglichen, wurde § 8 Abs. 3 des PfandBG nach Einführung des eWpG dahingehend erweitert, dass die Bestätigung und die zu leistende Unterschrift des Treuhänders nun auch digital erfolgen kann.

Die Blockchain-Technologie

Eine Möglichkeit digitale Pfandbriefe zu emittieren, bietet die Blockchain-Technologie, welche im eWpG wie oben zitiert als „fälschungssicheres Aufzeichnungssystem“ umschrieben wurde. Sie bietet ein hohes Maß an Sicherheit und eröffnet Möglichkeiten, Prozesse digital und automatisiert abzuwickeln, die bisher von dritten Parteien übernommen werden mussten.
Die Blockchain ist eine dezentrale Datenbank bzw. ein digitales Register, das Transaktionen oder andere Daten in einer kontinuierlichen Liste von Blöcken aufzeichnet. Jeder Block enthält Informationen über die vorherigen Blöcke, wodurch eine Kette von Blöcken entsteht – daher der Name “Blockchain”.
Sicherheit
Die Blockchain, bzw. das digitale Register, wird in der Regel von einem dezentralen Netzwerk betrieben, wobei jeder Netzwerkteilnehmer (sogenannte Validatoren) eine Kopie der gesamten Blockchain besitzt. Wenn eine neue Transaktion in das Netzwerk eingetragen wird, überprüfen die Validatoren auf Basis von definierten Konsensmechanismen die Transaktion auf ihre Gültigkeit und stellen sicher, dass sie alle notwendigen Kriterien erfüllt. Wenn dies der Fall ist, wird die Transaktion in einen neuen Block aufgenommen und mit einem Zeitstempel zur Blockchain hinzugefügt.
Das Besondere ist, dass die Verknüpfung der Blöcke über eine kryptografische Hashfunktion erfolgt -sogenannte Hashes. Damit werden Daten beliebiger Größe, wie zum Beispiel Texte, in einem Code mit festgelegter Zeichenlänge abgebildet. Die kleinste Änderung der Input-Daten führt zu einem völlig anderem Hash-Ergebnis und würde somit sofort vom Netzwerk entdeckt werden. Der Begriff „Pfandbrief“ kreiert beispielsweise mit der Hashfunktion SHA-256 folgenden Hash: „7211e5a14cd4ec3f25bcbbf6a940dd98beeb613f13f14eff0e46c8743a8f715c“.[2] Diese Funktion macht Informationen, die einmal auf einer Blockchain gespeichert wurden, nachträglich unveränderbar. Gleichzeitig kann mittels eines Hashes kein Rückschluss auf die Inputdaten gezogen werden. Im Ergebnis entsteht eine sichere, lückenlose und unveränderbare Chronik aller Transaktionen, die für jedes Mitglied des Netzwerks einsehbar und überprüfbar ist.
Digital
Digitalisierung wird durch die sogenannte Tokenisierung, also die Darstellung eines Vermögenswertes auf der Blockchain einschließlich der enthaltenen Rechte und Pflichten, erreicht. Im Falle von Wertpapieren handelt es sich um sogenannte Security Tokens. Der Security Token repräsentiert das Eigentum an dem zugrunde liegenden Vermögenswert und wird im Gegensatz zu herkömmlichen Wertpapieren nicht in einem Wertpapierdepot, sondern in einer Wallet verwahrt. Die Inhaber eines Wertpapiers besitzen damit keine physische Urkunde mehr, sondern einen digitalen Nachweis.
Automatisierung
Automatisierungen lassen sich insbesondere durch Smart Contracts erreichen. Smart Contracts sind einfache Programme, welche auf einer Blockchain gespeichert sind. Sie werden ausgeführt, wenn bestimmte Vertragsbedingungen erfüllt sind und können angewendet werden, um die damit verbundenen Prozessschritte (wie. z.B. Zahlungen oder Eigentumsübertragungen) zu automatisieren, ohne dass eine dritte Partei zur Abwicklung involviert werden muss.
Die Blockchain-Technologie bildet damit die Grundlage für eine digitale Infrastruktur, die Transaktionen und ihre Vertragsbestandteile sicher, kostengünstig und automatisiert abwickelt. Das macht sie für eine Vielzahl von Anwendungsfällen interessant. Ein besonders relevanter Use Case ist die Dokumentation und Übertragung von Eigentumsrechten sowie die Abwicklung der damit verbundenen Rechte und Pflichten. Damit ist die Technologie geradezu prädestiniert für die Emission von Anleihen.

Marktentwicklung

Die erste Anleihe, die vollständig über eine Blockchain abgewickelt wurde, ist 2018 von der IBRD (Weltbank) emittiert worden. Seitdem wurden international mehr als 100 Projekte von verschiedenen Emittenten und Marktteilnehmern umgesetzt. Die Europäische Investitionsbank ist beispielsweise gleich mit mehreren Emissionen, inklusive einem Green Bond, vertreten. Auch ein erster Covered Bond wurde bereits im Jahr 2019 von der französischen Societe Generale SFH in Höhe von € 100 Mio. auf Blockchainbasis emittiert. Eine umfangreiche Übersicht internationaler Projekte ist auf der Webseite der ICMA zu finden.[3] Eine prominente blockchainbasierte Anleiheemission aus Deutschland wurde im Februar 2023 von der Siemens AG über ein Volumen von € 60 Mio. emittiert.[4] Eine Übersicht aller Kryptowertpapiere, die auf Basis des eWpG emittiert wurden, ist auf der Internetpräsenz der BaFin zu finden.[5] Darüber hinaus kommt die Technologie in Deutschland bereits häufiger bei Namenstiteln, wie z.B. bei Schuldscheinen und Sparkassenbriefen zum Einsatz.[6]
Betrachtet man die Projekte etwas näher, lässt sich feststellen, dass sich diese nicht nur nach Emittenten und Assetklassen unterscheiden, sondern auch in ihrer Umsetzung. Zunächst fällt ins Auge, dass eine Vielzahl verschiedener Plattformen zum Einsatz kommen, welche die Transaktionen über die Blockchain abwickeln und das Wertpapier in das Kryptoverwahrregister hinterlegen. Gleiches gilt für die Wahl der zugrundeliegenden Blockchain. Hierbei kann zwischen öffentlichen (z.B. Ethereum oder Polygon) und privaten Blockchains unterschieden werden. Eine öffentliche Blockchain ist für jeden zugänglich und gestattet es, Transaktionen zu senden oder zu validieren. Eine private Blockchain steht dagegen nur einem ausgewählten Kreis von Teilnehmern zur Verfügung. In diesem Bereich könnte sich jedoch zeitnah ein einheitlicher Standard bilden. Da Regulierungsbehörden keinen Einfluss auf öffentliche Blockchains nehmen können, schlägt der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht vor, dass Vermögenswerte, die über öffentliche Blockchains abgewickelt werden, mit höheren Risikogewichten belegt werden sollten.[7]
Weitere interessante Aspekte betreffen die Interoperabilität zwischen digitaler und analoger Welt sowie das Settlement. So wurde zum Beispiel bei der 375 Mio. CHF Emission der UBS und der grünen Multi-Currency Anleihe der Hong Kong Monetary Authority (HKMA) über umgerechnet 756 Mio. USD das Zentralwertpapier- mit dem Kryptowertpapierregister verknüpft. Diese hybride Ausgestaltung wirkt sich positiv auf die Nachfrage und Liquidität der Anleihen aus, da Investoren diese sowohl auf der Blockchain als auch auf traditionellem Wege zeichnen konnten.[8] Darüber hinaus konnten einige Projekte bereits „atomic settlement“, also Delivery vs. Payment in t+0 statt t+x, erreichen. Dies funktioniert dann, wenn neben dem blockchainbasierten Wertpapier (security token) auch Geld (cash token) auf der Blockchain vorhanden sind, wie es beispielsweise mit CBDCs (Central Bank Digital Currency‘s) oder stable coins der Fall ist.[9]
Auch auf Investorenseite ist zunehmendes Engagement im Zusammenhang mit der Blockchain-Technologie zu beobachten. Larry Fink, CEO des weltweit größten Vermögensverwalters Blackrock, positioniert sich hier sehr eindeutig: „Die nächste Generation der Finanzmärkte, die nächste Generation der Wertpapiere, wird die Tokenisierung von Wertpapieren sein.“[10] In einem Brief an die Aktionäre von Blackrock schrieb er außerdem: „die Tokenisierung von Assetklassen bietet die Aussicht, die Effizienz der Kapitalmärkte zu steigern, die Wertschöpfungsketten zu verkürzen und die Kosten und den Zugang für Anleger zu verbessern“.[11] In Deutschland sind unter anderem die DekaBank, DZ Bank und Union Investment bereits als Investoren in Blockchain-Anleihen aufgetreten.[12] Letztere hat kürzlich einen Investmentfonds mit Blockchain-Fokus aufgelegt, der bis zu 20 Prozent seines Volumens in Anleihen investiert.[13]

Es gibt somit bereits eine Vielzahl von Markteilnehmern, die aktiv Erfahrungen im Bereich von digitalen Anleihen bzw. Blockchain Bonds sammeln. Einen digitalen Pfandbrief sucht man bis dato jedoch noch vergebens. Die Begründung dafür dürfte in der besonderen Ausgestaltung des Pfandbriefs, genauer gesagt in der Rolle des Treuhänders, liegen.

Integration von Blockchain-Lösungen bei Emittenten

Um einen Blockchain Bond emittieren zu können, bedarf es zunächst einer geeigneten Blockchain-Infrastruktur, die die technischen-, rechtlichen- und Marktanforderungen erfüllt. Diese Plattform benötigt wiederum einen Zugang für den Emittenten als auch für den Investor sowie eine Schnittstelle zu einem Kryptowertpapierregisterführer, welches von einem Institut mit entsprechender Lizenz verwaltet wird. Dieses Institut sollte darüber hinaus auch als Zahlstelle fungieren, solange die mit der Emission verbunden Zahlungen off-chain stattfinden.
Für eine Emission von digitalen Pfandbriefen ist im Vergleich zu Anleihen anderer Kategorien die besondere Rolle des Treuhänders zu berücksichtigen. Dieser bescheinigt im traditionellen Prozess mit seiner Unterschrift die Einhaltung der vorschriftsmäßigen Deckung, welche anschließend postalisch an den Zentralverwahrer versendet wird. Im Rahmen eines Blockchain-Pfandbriefs könnte für Treuhänder eine zusätzliche Rolle auf der Plattform geschaffen werden, über die die digitale Treuhänderbestätigung im Kryptowertpapierregister hinterlegt wird. Die papierhafte Ausstellung der Urkunde sowie der postalische Versand an einen Zentralverwahrer würden damit hinfällig werden, ebenso die generelle Einbindung eines Zentralverwahrers. Stattdessen wird der digitale Pfandbrief über einen Security Token auf der Blockchain emittiert, welcher rechtlich gesehen das Wertpapier repräsentiert. In dieser Form kann der gesamte Emissionsprozess digital abgewickelt werden.
Sobald Anbieter eine solche Infrastruktur in Form einer Webanwendung zur Verfügung stellen, besteht der wesentliche Aufwand für Emittenten und Investoren lediglich darin, diese im eigenen Hause einzuführen. Damit gestaltet sich der Implementierungsaufwand als relativ gering und folgt den Voraussetzungen, die mit der Einführung von Webanwendungen einhergehen.
Im Rahmen der Einführung ist zunächst zu prüfen, ob ein Auslagerungssachverhalt gemäß MaRisk AT 9 vorliegt. In MaRisk AT 9 TZ 1 ist in diesem Zusammenhang definiert, dass Leistungen nicht als Auslagerung qualifiziert werden, die von beaufsichtigten Unternehmen bezogen werden und nicht vom Institut selbst erbracht werden können. Hierzu zählt bspw. die Nutzung von Clearingstellen im Rahmen der Wertpapierabwicklung, wie es auch bei einem digitalen Pfandbrief der Fall wäre. Die Leistungen sind dann als „sonstiger Fremdbezug von Leistungen“ zu klassifizieren und unterliegen somit nicht dem Auslagerungssachverhalt.
Darüber hinaus ist zu prüfen, ob es sich bei einem digitalen Pfandbrief um ein neues Produkt handelt. In diesem Fall wäre gemäß MaRisk AT 8 die Durchführung eines Neu-Produkt-Prozesses (NPP) notwendig. Da es sich bei einem digitalen Pfandbrief rechtlich gesehen jedoch weiterhin um einen Pfandbrief im klassischen Sinne handelt und die internen Handels- und Abwicklungsprozesse wie auch die Risikobewertung und das Meldewesen im Grunde identisch bleiben, ist die Notwendigkeit eines NPPs für bestehende Pfandbriefemittenten nicht zwingend geben.
Zudem muss der Basisprospekt eine generelle Formulierung für die Verwahrung von digitalen Wertpapieren enthalten. Die Verwahrstelle sollte dementsprechend im eigenen bestandsführenden System aufgenommen werden.

Allgemeine Herausforderungen

Die vielen erfolgreichen Anleiheemissionen, die bereits über eine Blockchain abgewickelt wurden, zeigen, dass sich die Technologie sehr gut dazu eignet, Anleihen zukünftig vollständig digital durchzuführen.
Dennoch sind noch einige Entwicklungsschritte notwendig, um das Potenzial bestmöglich auszuschöpfen. Dies betrifft in erster Linie die Skalierbarkeit, also die Anbindung möglichst vieler Emittenten und Investoren an eine Blockchain-Plattform, sowie die Interoperabilität. Letzteres gilt einerseits zwischen der digitalen und analogen Welt, andererseits aber auch innerhalb der digitalen Lösung. Die aktuellen Blockchain-Infrastrukturen sind größtenteils geschlossene Systeme, sodass ein Kauf bzw. Verkauf von Wertpapieren auf die angeschlossenen Teilnehmer begrenzt ist. Notwendige Voraussetzung für die Interoperabilität von Blockchain Plattformen ist eine einheitliche und maschinell lesbare Datendefinition. Als Grundlage hierfür hat eine Arbeitsgruppe der ICMA die Bond Data Taxonomy entwickelt, die bereits heute Anwendung findet.[14]
Um ein gleichtägiges Settlement zu erreichen ist außerdem ein Cashtoken auf der Blockchain notwendig. Dieser Baustein könnte durch eine wholesale CBDC, also bspw. durch einen digitalen Euro für den Interbankenmarkt, ergänzt werden. Eine Arbeitsgruppe mit mehr als 50 Marktteilnehmern, die sich diesem Thema widmet, wurde in 2023 bereits von der Europäischen Zentralbank gegründet.[15]
Damit die Technologie schlussendlich auch für Pfandbriefe genutzt werden kann, ist es entscheidend, dass eine Möglichkeit entwickelt wird, die Treuhänderbestätigung im Kryptoverwahrregister zu hinterlegen. Dies dürfte jedoch nur eine Frage der Zeit sein.

Mehrwert

Die Nutzung der Blockchaintechnologie im Anleihe- & Pfandbriefmarkt bietet mittelfristig nennenswerte Verbesserungspotenziale gegenüber dem aktuellen Set-up. Ein gleichtägiges Settlement (Delivery vs. Payment) würde einerseits das Gegenparteirisiko reduzieren, andererseits die Kosten der Zwischenrefinanzierung senken. Hinzu kommen Kostensenkungen durch die Automatisierung von Arbeitsprozessen und dem Wegfall bisher notwendiger Intermediäre, wie zum Beispiel des Zentralverwahrers. Die Global Financial Markets Association (GFMA) verweist in Ihrem Report zum Einfluss von Blockchain in Kapitalmärkten auf eine Studie, die die jährlichen globalen Kostenersparnisse bei Abwicklungs- und Back-office Prozessen auf 15-20 Mrd. USD im Bereich Fixed Income und Privat Market Assets taxiert.[16]
Darüber hinaus ist eine vollständige Digitalisierung der Pfandbriefabwicklung und eine Automatisierung der Zahlungsströme ohne Zwischenschaltung dritter Intermediäre möglich. Papierhafte Urkunden sowie deren postalischer Versand wären somit nicht mehr notwendig. Auch der Prozess der Abtretung von Namenspapieren im Falle eines Gläubigerwechsels und die damit verbundene Mitteilung an den Emittenten könnte auf diese Weise effizienter durchgeführt werden. Aber auch im Bereich von ESG-Anleihen sind Verbesserungen möglich. So ist es z.B. denkbar, dass die Informationen aus dem Impact Reporting direkt über die Blockchain an Investoren übermittelt werden.
Schlussendlich ist es vorstellbar, dass die Tokenisierung von Vermögenswerten zu einer Globalisierung der Finanzmärkte führt und die Handelbarkeit von Assets grenzüberschreitend vereinfacht.

Fazit

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Emission von digitalen Anleihen in Deutschland gegeben sind. Wie bereits durch viele Beispielemissionen belegt, bietet die Blockchain-Technologieeine sichere und kostengünstige Infrastruktur, die das Potenzial hat, die Wertschöpfungskette rund um den Anleihe-Lebenszyklus vollständig zu digitalisieren und effizienter, z.B. in Bezug auf Settlementzeiten, zu gestalten. Die ICMA erwartet mittelfristig, dass „Blockchain-basierte Systeme die etablierten Systeme durch „On-Chain“-Lösungen ersetzen, was zu Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen führt.“[17] Dem gegenüber steht ein verhältnismäßig geringer Implementierungsaufwand für Emittenten und Investoren, welcher sich im Wesentlichen auf die Einführung einer neuen Webanwendung beschränkt.
Übergeordnet liegen die größten Herausforderungen im Bereich der Skalierbarkeit und Interoperabilität, denn für eine breite Nutzung ist es letztendlich entscheidend, dass ein barrierefreier Marktzugang und Handel unabhängig von der individuell genutzten Blockchain-Lösung und Verwahrstelle möglich ist. Für die Anwendung bei Pfandbriefemissionen gilt es darüber hinaus die spezifischen Anforderungen in Form der Treuhänderbestätigung technisch zu berücksichtigen.
Sobald das der Fall ist, kann auch hier das Erfolgsrezept des Pfandbriefs, die Verknüpfung von Tradition und Innovation, Anwendung finden, denn: „Der Pfandbrief ist so widerstandsfähig und hat nichts von seiner Attraktivität eingebüßt, weil Gesetzgeber und Pfandbriefbanken es immer wieder geschafft haben, in seiner Weiterentwicklung Tradition und Innovation zu verbinden, wobei der Pfandbrief selbst sich zwar im Kern immer treu geblieben ist, aber auch eine hohe Wandlungsfähigkeit unter Beweis gestellt hat.“[18] (Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer, Verband deutscher Pfandbriefbanken)

1:  https://www.gesetze-im-internet.de/ewpg/BJNR142310021.html & https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2021/fa_bj_2107_eWpG.html

2 Beispiel: https://www.hashgenerator.de/

3:  www.icmagroup.org/market-practice-and-regulatory-policy/fintech-and-market-electronification/fintech-resources/new-fintech-applications-in-bond-markets/

4:  https://press.siemens.com/global/de/pressemitteilung/siemens-begibt-erstes-elektronisches-wertpapier-auf-der-blockchain

5:  https://www.bafin.de/DE/PublikationenDaten/Datenbanken/Kryptowertpapiere/kryptowerte_node.html

6:  https://www.faz.net/aktuell/finanzen/digitale-sparkassenbriefe-dank-blockchain-sekundenschneller-verkauf-18912985.html & https://www.sparkassetogo.de/betrieb-banksteuerung/deka-schuldscheindarlehen-erfolgreiche-abwicklung-ueber-blockchain

7:  https://www.ledgerinsights.com/basel-committee-public-blockchains-stablecoins/

8:  https://www.ubs.com/global/en/media/display-page-ndp/en-20221103-digital-bond.html & https://www.ledgerinsights.com/hong-kong-us756m-second-digital-green-bond/

9:  https://www.eib.org/en/press/all/2022-448-eib-innovates-further-with-project-venus-the-first-euro-denominated-digital-bond-on-a-private-blockchain

10: https://finance.yahoo.com/news/blackrock-ceo-says-next-generation-120411520.html?soc_src=social-sh&soc_trk=ma

11: https://www.blackrock.com/corporate/investor-relations/larry-fink-annual-chairmans-letter &

12: https://press.siemens.com/global/de/pressemitteilung/siemens-begibt-erstes-elektronisches-wertpapier-auf-der-blockchain

13: https://unternehmen.union-investment.de/presseservice/pressemitteilungenarchiv/alle-pressemitteilungen/2024/union-investment-legt-fonds-mit-blockchain-fokus-auf

14: https://www.icmagroup.org/market-practice-and-regulatory-policy/fintech-and-digitalisation/fintech-advisory-committee-and-related-groups/bond-data-taxonomy/ 

15: https://www.ledgerinsights.com/wholesale-digital-euro-dlt-settlement-trials-take-shape/ & https://www.ledgerinsights.com/wholesale-cbdc-digital-euro-real-money/

16: https://www.gfma.org/wp-content/uploads/2023/05/impact-of-dlt-on-global-capital-markets-full-report.pdf  S.11.  

17: https://www.icmagroup.org/assets/ICMA-DLT-and-blockchain-in-bond-markets-FAQ-220922.pdf S. 9

18: https://www.kreditwesen.de/immobilien-finanzierung/themenschwerpunkte/aufsaetze/pfandbrief-eckpfeiler-deutschen-langfristkultur-he-id65462.html

 

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